
Ein wunderschöner Morgen in New York!
Na ja – sagen wir mal: wettertechnisch war’s so lala. Aber der Anlass? Der war grandios. Heute geht’s endlich los mit meiner Fahrt im NextGen Acela, dem neuen Hochgeschwindigkeitszug von Amtrak. Ich habe ewig darauf gewartet – und wie sich herausstellte, nicht nur ich: Der Zug kam nämlich Jahre später als geplant auf die Schiene.
In diesem Blogbeitrag nehme ich dich mit – von meinem Hotel in der 42. Straße über die Penn Station bis nach Washington D.C.
Und falls du lieber bewegte Bilder magst: Das komplette Video zu dieser Fahrt findest du hier 👉 auf YouTube ansehen.
Überblick
Von Midtown zur Penn Station – der Start der Reise
Morgens um acht in Manhattan. Erstmal Kaffee, dann geht’s Richtung Bahnhof. Ich starte vom Hotel an der 42. Straße – perfekt gelegen, um gemütlich zur Penn Station zu laufen.
Schon auf dem Weg kommen so ein bisschen Heimatgefühle auf: Mehrere Verspätungsmeldungen – ganz wie bei der Deutschen Bahn. Vier Stück waren’s, um genau zu sein. Der Acela sollte mit 25 Minuten Verspätung losfahren.
Die Penn Station ist ein unterirdischer Riese, der sich von der neu renovierten Moynihan Train Hall bis unter den Madison Square Garden erstreckt. Der Bau hat rund 1,6 Milliarden Dollar gekostet – und das sieht man. Hohe Glasdecken, viel Licht, moderne Displays.
Aber: Die Halle hat auch ihre Schattenseiten. Du erfährst erst wenige Minuten vor Abfahrt, auf welchem Gleis dein Zug losfährt. Und Sitzgelegenheiten? Fehlanzeige. Wenn du also wartest, dann im Stehen.
💡 Mein Tipp:
Nimm den Zugang unter dem Madison Square Garden. Dort ist es deutlich ruhiger und du sparst dir das Gedränge in der großen Halle.

Direkt neben der Penn Station befindet sich übrigens auch ein kleiner Busbahnhof von FlixBus USA – falls du mal Lust hast, günstiger, aber deutlich langsamer von Stadt zu Stadt zu kommen. Ich habe darüber ein eigenes Video gemacht: Meine Reise von Washington nach New York mit der „grünen Gefahr“.
Endlich im NextGen Acela
Kurz vor 10:15 Uhr war’s dann so weit. Nach einem chaotischen „Last Call“ ohne „First Call“ (typisch Amtrak) konnte ich endlich in den Zug steigen.
Ich saß im Quiet Car, also dem Ruhebereich. Der Sitz? Bequem gepolstert, super Beinfreiheit, großer Klapptisch mit Becherhalter, Steckdose und USB-A-Port. Auch für Handgepäck ist mehr als genug Platz – sowohl über den Sitzen als auch in den Gepäckfächern an den Wagenenden.
Die Atmosphäre war angenehm modern, hell und ruhig. Nach dem ganzen Bahnhofschaos endlich durchatmen – und ab geht’s Richtung Washington D.C.

Die Strecke – 387 Kilometer Ostküste
Die Fahrt führt über rund 387 Kilometer:
New York → Metropark (NJ) → Philadelphia → Wilmington → Baltimore → Washington D.C.
Die Route gehört zum sogenannten Northeast Corridor – Amerikas wichtigste Bahnstrecke, auf der Amtrak täglich Hunderttausende Reisende befördert.
Nach rund 15 Minuten Verspätung rollt der Zug los, und die Stadt New York verschwindet langsam aus dem Fensterbild.
Was steckt im NextGen Acela?
Der NextGen Acela ist keine komplette Neuentwicklung, sondern die Weiterführung eines bewährten Konzepts: Er basiert auf dem Alstom Avelia Liberty, also einer amerikanischen Version des französischen TGV.
Amtrak hat 28 Zugpaare bestellt, von denen seit August 2025 zunächst fünf im Einsatz sind. Ein kompletter Zug besteht aus elf Einheiten: zwei Triebköpfen und neun Wagen.
An Bord gibt’s:
- 1 First-Class-Wagen
- 1 Café-/Speisewagen
- 6 Business-Class-Wagen
- 1 Quiet Car (ebenfalls Business Class)
🚄 Technische Daten:
- Höchstgeschwindigkeit: 160 mph = 257 km/h
- Sitzplätze: 380
- Neigetechnik für höhere Kurvengeschwindigkeit
- Strom- und USB-Anschlüsse an jedem Platz
Zum Vergleich: Ein ICE 3 Neo in Deutschland bietet bei acht Wagen rund 440 Sitzplätze.

Warum der Start so lange gedauert hat
Das NextGen-Projekt ist fast schon legendär, wenn’s um Verspätungen geht.
2016 bestellte Amtrak die neuen Züge bei Alstom – geplant war ein Start 2021. Doch dann kam’s knüppeldick:
1️⃣ Zulassung & Simulationen:
Die amerikanische FRA (Federal Railroad Administration) wollte exakte Computermodelle und Sicherheitsnachweise sehen. Die Simulationen scheiterten mehrfach – ohne sie keine Betriebserlaubnis. Erst im Januar 2024 gab’s grünes Licht.
2️⃣ Fertigungs- und Qualitätsmängel:
Bei der Inspektion traten Probleme auf: brechende Fenster, Korrosion zwischen Wagen, Hydraulik-Lecks. Alles musste nachgebessert werden.
3️⃣ Infrastruktur:
Der Northeast Corridor ist alt. Die Bahnsteige, Signale und Oberleitungen stammen teils aus den 60ern. Da der neue Zug wegen der Neigetechnik etwas breiter ausschwenkt, mussten viele Stellen angepasst werden.
So kam’s, dass die ersten Züge erst am 28. August 2025 regulär in Dienst gingen – ganze vier Jahre später als geplant.
Der Preis – Luxus hat seinen Preis
Für mein Business-Class-Ticket habe ich 263 US-Dollar gezahlt – umgerechnet etwa 225 Euro (Stand Oktober 2025). Gebucht habe ich eine Woche vorher.
💸 Preisspanne:
- Business Class: 150 – 380 US-Dollar
- First Class: 350 – 500 US-Dollar
Ziemlich happig für knapp 400 Kilometer Strecke. Zum Vergleich: Der Northeast Regional Express kostet oft nur 25 Dollar – und braucht nur rund 30 Minuten länger.
Service, WLAN & Verpflegung
Natürlich gibt’s im Zug WLAN – das funktioniert überraschend stabil. Ein Entertainment-Portal wie bei der Deutschen Bahn oder der ÖBB fehlt allerdings.
Im Café Car bekommst du Snacks und Getränke. Ich habe mir eine Coke Light für 3 Dollar gegönnt – bezahlt per Apple Pay. Der Preis ist fair, und der Service an Bord war wirklich top. Freundliche Mitarbeiter, Small Talk, immer ein Lächeln – genau so sollte Bahnfahren sein.

Fahrkomfort – und warum der Zug trotzdem wackelt
Jetzt kommen wir zum entscheidenden Punkt: dem Fahrkomfort.
Der NextGen Acela ist leise, sauber, modern – aber das Streckennetz ist… sagen wir: amerikanisch.
Die Schienen sind stellenweise uneben, und bei 250 km/h merkt man jede Schwelle. Der Zug selbst ist technisch in Ordnung – aber er kann nur so ruhig sein wie das Gleis darunter.
Ihr kennt doch sicher das berühmte Video vom Shinkansen, in dem jemand ein randvolles Glas Wasser abstellt, ohne dass ein Tropfen wackelt?
Ja… das Glas würde im Acela vermutlich nach zehn Sekunden umkippen. 😅
Toiletten & kleine Macken
In meinem Wagen war das WC direkt defekt – nicht optimal für einen Zug, der erst fünf Wochen im Einsatz ist.
Wagen 8 dagegen hatte ein blitzsauberes, geräumiges Bad. Nur der automatische Türverschluss per Knopfdruck – daran musste ich mich erstmal gewöhnen. Zu viele Erinnerungen an die Metronom-Züge aus den 2000ern, bei denen ständig jemand vor offener Tür stand…
Ankunft in Washington D.C.
Nach rund 20 Minuten Verspätung erreichten wir die Union Station Washington D.C.. Direkt neben uns: zwei ältere Acela-Züge – irgendwie ein schöner Kontrast zwischen alt und neu.

Mein Fazit: Lohnt sich der NextGen Acela?
Also, Hand aufs Herz:
Der NextGen Acela ist ein beeindruckender Zug. Modern, komfortabel, technisch auf der Höhe der Zeit. Aber er wird durch die alte Infrastruktur ausgebremst.
Für Eisenbahn-Fans: absolut sehenswert. Für Touristen, die einfach nur schnell von New York nach Washington wollen? Vielleicht nicht die beste Wahl.
Denn der Aufpreis gegenüber dem Northeast Regional lohnt sich aus meiner Sicht kaum.
Wenn du aber Bahnreisen liebst, dich für Technik begeisterst und wissen willst, wie sich Amerikas schnellster Zug anfühlt – dann probier’s aus. Es ist ein Stück Eisenbahngeschichte, das man erlebt haben sollte.

Mein Video zur Fahrt
Wenn du sehen willst, wie die Fahrt wirklich aussah – vom Boarding über den Sitztest bis zum Fazit – dann schau unbedingt in mein Video rein:
🎥 NextGen Acela Erfahrung: Leise, schnell… und doch wackelig? Ehrlicher Komforttest
Fazit in einem Satz:
Der NextGen Acela ist Amerikas schnellster Zug – aber noch nicht Amerikas bester.