Wusstet ihr, dass es so etwas wie Ryanair auch auf der Schiene gibt? Bei diesem Anbieter bekommt ihr den vollen Komfort eines Hochgeschwindigkeitszuges für ein Taschengeld. Schon ab fünf Euro könnt ihr mit dreihundert Sachen quer durch Frankreich reisen. Falls ihr es nicht schon erraten habt. Heute sprechen wir über Ouigo und über unsere atemberaubende Reise von Paris quer durchs Land, entlang der Cote d Azur bis nach Nizza.
Inhaltsverzeichnis
Bonjour Paris
Bevor wir aber tiefer in die Details von Ouigo gehen, fangen wir mit dem Trip an.
Es ist Hochsommer 2023, wir sind einen Tag vor dieser Reise mit dem Nachtbus nach Paris gekommen, haben einen schönen Tag am Flughafen verbracht, die alte Concorde besucht und haben anschließend in der Nähe vom Disneyland Paris übernachtet. Warum erfahrt ihr später.
Ouigo – das Video
Natürlich habe ich zu unserem Trip auch wieder ein Video erstellt. Falls ihr das lieber ansehen möchtet, bitte seh:
Also raus aus dem Hotel, rein in den RER und ab zum Mickey Maus Bahnhof.
Willkommen in Marne la Vallee, Disneylands eigenem Bahnhof. Von hier aus fahren die TGV’s von SNCF, die blauen Eurostars nach London, die roten Eurostars nach Amsterdam und eben Ouigo in mehrere Richtungen.
Ouigo Fahrkartenkontrolle
Der erste große Unterschied zu anderen Ländern: Fahrkarten werden vor Fahrtantritt kontrolliert. Und bei einem Zug, der rund 1200 Sitzplätze zur Verfügung hat, kann das eine ganz schön lange Schlange werden. Deswegen sollte man mindestens 15 Minuten vor Abfahrt da sein. Eher länger. Wir waren rund 30 Minuten vorher da.
Alles einsteigen
Und pünktlich, wenige Minuten vor Abfahrt, rollt unser blauer TGV Duplex ein und die Schlacht beginnt. Der Vorteil bei der französischen Bahn. Keiner muss Angst haben, im Gang zu stehen, denn in Frankreich herrscht Reservierungspflicht. Doch das ist Fluch und Segen gleichermaßen. Natürlich hast du einen Sitzplatz sicher, auf der anderen Seite kann es aber sein, dass du an Hochzeiten kein Ticket mehr kaufen kannst.
Wir haben uns einen Platz in der oberen Etage gesichert. Und ich muss sagen, dass es echt bequem ist. Die Sitze sind angenehm gepolstert, es gibt sehr viel Beinfreiheit, gerade vor dem Hintergrund, dass Ouigo ein Low-Budget Angebot ist, echt positiv.
Das Konzept Ouigo
Das ist ein guter Zeitpunkt, um mal über das Konzept Ouigo zu sprechen. Ouigo gilt nicht umsonst als Ryanair der Schiene. Und das stimmt auch soweit. Es gibt viele Schnittpunkte.
Das Ticket kann wirklich sehr günstig sein. Man kann beispielsweise schon für 5 Euro durch das halbe Land reisen. Aber dafür gibt es auch einige Aufpreis-Angebote. Reist du mit mehr Gepäck, zahlst du extra, möchtest du einen Sitzplatz mit Steckdose, zahlst du extra, möchtest du Wi-Fi und das Entertainment-Portal nutzen, zahlst du extra.
Und teilweise werden nicht die großen Bahnhöfe angefahren. Unser Zug von Paris nach Marseille, startet nicht etwa von einem der großen Pariser Bahnhöfe, sondern von eben diesem kleinen Disney-Bahnhof in Marne la Vallee, rund eine Stunde Metro- bzw. RER-Fahrt entfernt vom Stadtkern. Warum ist das so? Nun, das hat denselben Grund, warum Ryanair meistens nur geteerte Kornfelder anfliegt. Die Nutzungsgebühren sind einfach deutlich geringer für das Transportunternehmen.
Das Ouigo Streckennetz
Derzeit werden über vierzig Bahnhöfe in Frankreich angefahren. Du kannst fast jeden Punkt in Frankreich mit den blauen Riesen erreichen. Ouigos fahren ausschließlich tagsüber und bringen an einem Tag bis zu 3800 Kilometer auf die Schiene. Eine beachtliche Leistung. Die Wartung der Züge findet dabei ausschließlich nachts statt.
Die Ouigo Züge
Zum Einsatz kommen alte ehemalige SNCF TGV Duplex. Man hat für den Betrieb unter der Marke Ouigo die erste Klasse sowie das Speisewagen-Angebot herausgenommen. Die Wagen sind entweder in einer 2-2 oder 3-1 Konfiguration und transportieren so rund 20 Prozent mehr Passagiere als unter der alten Marke. Wenn man das mal vergleicht: Der deutsche Low-Budget Anbieter Flixtrain hat auch alte Intercity Züge der DB neu bestuhlt, dabei aber einen deutlich engeren Sitzabstand gewählt. Gut, fairerweise muss man aber auch sagen, dass Flix keine Doppelstockwagen zur Verfügung hatte und die alten IC Garnituren gegenüber den TGV Duplex mehr Staumöglichkeiten haben für größere Gepäckstücke. Wahrscheinlich ist auch deswegen der Sitzabstand bei Ouigo so großzügig. Damit du deinen Koffer vor dich stellen kannst.
Seit 2022 gibt es auch lokbespannte Ouigo Züge, die Ouigo Classic auf zwei Linien.
Buchung
Buchen könnt ihr Tickets für Ouigo entweder über die merkwürdige Seite von SNCF Connect oder direkt bei Ouigo.fr. Letztere gab es sehr lange nur auf Französisch. Entweder musstet ihr, wie ich, euer sehr eingestaubtes Schul-Französisch rausholen oder die Seite mit dem Google Translator übersetzen. Mittlerweile gibt es die Seite aber auch auf Englisch.
Ouigo Plus
Wir haben uns für unsere Fahrt mit Ouigo ein Upgrade gegönnt. Ouigo Plus. Aber was bedeutet das im Einzelnen? Eigentlich nicht viel. Für einen geringen Aufpreis von 9 € erhaltet ihr Sitzplätze mit Steckdose, Zugriff auf das bordeigene WLANund Entertainment-Portal, dürft einen Koffer mehr mitnehmen und habt freie Sitzplatzwahl.
Beim Entertainment-Portal habt ihr eine schöne Auswahl an Filmen. Sogar ziemlich aktuelle und, keine Angst, auch auf englisch. Passenderweise zu unserer Reise habe ich mir Bullet Train angesehen.
Ticketkosten
Die Ticketkosten. Wie schon erwähnt, kann man sich Tickets schon ab 5€ sichern. Zu stark ausgelasteten Zeiten steigt der Preis natürlich. Dynamic Pricing ist hier das Stichwort. Noch eine Parallele zur fliegenden Billig-Konkurrenz. Wir haben diese Reise relativ spontan gebucht und haben für den Trip von Paris nach Nizza rund 40 € pro Person gezahlt. Inkludiert sind Ouigo von Paris nach Marseille, Regionalzug von Marseille nach Toulon und ein erneuter Trip mit Ouigo von Toulon nach Nizza. Zum Vergleich: Beim Mutterkonzern SNCF hätte ich für einen Direktzug rund 200 € pro Person bezahlt.
Umstieg
Und schon sind wir in Marseille. Die Stadt begrüßt uns mit einem wundervollen Blick auf AIDAcosma, die dort im Hafen vor Anker liegt. Nebenbei noch erwähnt. Die Ansagen im Zug erfolgen nur auf Französisch. Aber O.K, solange alles im Fluss ist, schnappt man die Ortsnamen schon irgendwie auf. Und falls mal was schief läuft findet sich sicherlich ein englischsprachiger Franzose unter den 1200 Passagieren. Das bedeutet für uns erst mal Abschied von diesem Ouigo zu nehmen, denn wir werden ein Teilstück in einem Regionalzug zurücklegen. Für die nächste Stunde geht es in einem TER von Marseille nach Toulon. Eigentlich wollten wir die Nacht in Marseille verbringen und am Folgetag nach Nizza, doch es gab in Nizza die deutlich schöneren Hotelangebote.
Ouigo, der zweite Akt
In Toulon angekommen dauert es auch gar nicht lange und es kommt wieder ein hellblauer Riese eingefahren. Für uns beginnt jetzt der mit Abstand schönste Teil der Reise. Es geht fast ausschließlich an der Küste entlang. Wunderschöne Ausblicke, dafür fährt der Ouigo nicht mehr ganz so schnell. Die 300 werden wir jedenfalls nicht mehr erreichen heute. Aber das ist gar nicht schlimm.
Ouigo Kundenservice
Während ihr jetzt noch ein bisschen die Bilder der Cote d Azure genießt, erzähle ich euch noch über meine Erfahrungen mit dem Kundenservice. Wir wollten schon einmal einen Bericht über Ouigo machen und haben deshalb eine Fahrt von Paris nach Strasbourg gebucht. Diese wurde kurz vor Abfahrt abgesagt. Grund war Vandalismus an der Strecke. Eine Info dazu gab es leider nie. Weder per SMS, App oder Mail. Es gab nur ein paar Ansagen auf Französisch im Gare de l’est. Wir haben dann schließlich über den DB Navigator herausgefunden, was los war. Auch hatten wir damals vergeblich einen Mitarbeiter oder Schalter vor Ort gesucht. Auch die SNCF wollte uns nicht mit Ersatzbeförderung helfen. Man muss sich per Hotline melden. Nur leider, wie es ja manchmal ist, mag man kein Englisch sprechen. Jedenfalls nicht mit mir. Ja, auch das ist Low-Budget. Man muss halt hoffen, dass alles wie geplant läuft. Ansonsten bist du als Kunde gekniffen. Egal ob Ouigo, Eurowings, Easyjet oder Flix. Läuft was schief, wird sich weggeduckt. Erst recht, wenn es darum geht, Ersatzleistungen zu zahlen. Dann wird gerne alles ausgesessen. Bei Ouigo kommt noch dazu, dass man den Service auf Englisch anschreibt und eine Antwort auf Französisch erhält. Egal wie oft man auf Englisch wieder antwortet. Auch eine sehr unhöfliche Art, mit seinen Mit-Europäern umzugehen.
Aber Schwamm drüber. Das ist Meckern auf hohem Niveau.
Ankunft in Nizza
Nach 6,5 Stunden und 1000 Kilometern auf der Schiene sind wir dann am heutigen Endpunkt unserer Reise angekommen. Im wunderschönen und sehr heißen Nizza.
Ich freue mich, dass ihr bis hier dran geblieben seid, und hoffe, es hat euch gefallen. Nächstes Mal kommt ein Bericht über die neue Lufthansa Allegris Kabine im nagelneuen Airbus des Kranichs. Freue mich, wenn ich euch da wieder in den Kommentaren sehe.
Bis bald, euer René