Spannende Neuigkeiten für reiselustige Europäer! Mit Twiliner geht 2024 der erste echte Nachtreisebus an den Start! Was das genau ist? Warum das den Fernbus- und Nachtzug-Markt in Europa aufmischen wird und was das Ganze mit dem Flugzeug zu tun hat? Let’s roll!
Inhalt dieses Twiliner Blog
Was ist der Twiliner Bus?
Twiliner ist ein Startup aus der Schweiz, genauer aus dem schönen Zürich, dass sich zur Aufgabe gemacht hat, den ersten echten Schlafbus auf europäische Straßen zu bringen. Klar, Nachtbusse gibt es jetzt schon von Flixbus und Co aber über Nacht in einem solchen grünen Fernbus zu reisen gleicht eher einer Folter, als einem komfortablen Reiseerlebnis.
Twiliner möchte hier ansetzen und eine Lücke im europäischen Reisemarkt schließen. Nachtreisebusse gibt es bereits jetzt schon weltweit, beispielsweise in Indien und Japan – Ja, sogar in den USA. Doch für uns Europäer gibt es schlicht und ergreifend keinen einzigen Anbieter, der komfortables Reisen im Bus über Nacht anbietet.
Problem daran: Die Regulierungen! Ein Fernbus muss ein funktionierendes Rückhaltesystem im Falle der Fälle bieten. Das bedeutet ein normaler Sitz mit Gurten. Mehr als eine rückstellbare Rückenlehne ist mit den aktuellen Sitzen vom Busmarkt nicht drin.
Die Asphalt-Businessclass!
Doch das Startup traut sich an die Regulierungen heran und hat einen vollkommen neuen Sitz entwickelt. Jetzt kommt die Luftfahrt ins Spiel. Zusammen mit dem Zulieferer Airlines-Services-Interior aus der Nähe von Manchester hat man einen neuen Bussitz entworfen, der sich in ein Flatbed verwandeln lässt und regelkonform mit Passagieren auf die Straße darf. Hier ein Beispielbild der Arbeit von Airline Services Interior. So eine Art Luxus dürfen wir tatsächlich in einem Bus erwarten? Bis jetzt unvorstellbar, oder?
Voraussichtlich Mitte 2023 wird der patentierte Sitz abgenommen und ermöglicht damit Busreisen auf ein vollkommen neues Level in „Good old Europe“.
Businessclass im Bus? Das gab es doch schon?
Einen Luxusbus im Linienverkehr gibt/ gab es doch schon, oder? Da war doch was? Ja, korrekt! 2020 traute sich das Stuttgarter Startup Roadjet zaghaft an den deutschen Fernbusmarkt mit einem ähnlichen Konzept. Es wurden Linienfahrten tagsüber und nachts von Berlin nach Stuttgart angeboten. Dabei gab es Massagesitze, Entertainment-Systeme, Kaffeemaschine und sogar einen Snackautomat.
Der Unterschied zu Twiliner. Es gab „nur“ bequemere Sitze, mehr Beinfreiheit und weniger Mitreisende. Wenn ich mich richtig erinnere waren es 45-50 Sitzplätze. Eine echte Nachtzug- oder Flugalternativen war das in puncto Komfort jedenfalls nicht. Dennoch meilenweit besser als der grüne Markt-Dominant.
Doch die Pandemie hat Roadjet zum Umdenken gezwungen. Nach einigen Monaten im Liniengeschäft, musste man den Betrieb pausieren (Pandemieeindämmung), schwenkte um auf Charterfahrten und hat sich nach mehrmaligen Verschiebungen und Ankündigungen, nicht wieder am Linienverkehr beteiligt. Die Auftragslage für Charterfahrten war zu gut, das Liniengeschäft mit einer Handvoll Bussen scheinbar zu unsicher.
Twiliner Bus und Sitzplan
Zurück zu Twiliner. Sprechen wir mal über Bus und Innenraum. Zum Einsatz wird ein von Volvo gebauter Doppeldecker kommen, Modell 9700 dd, um genau zu sein. Der Bus wird mit Biodiesel, hergestellt in der Schweiz, betrieben und ist somit eines der klimafreundlichsten Verkehrsmittel in Europa. Der CO² Ausstoß schlägt laut Twiliner sogar den Fernzug!
Und dass, obwohl der Schlafbus nur über 21 Sitze verfügen wird. Vergleicht man das Ganze mal mit Doppelstockbussen von Pinkbus oder Flixbus kommen wir auf über 80 Sitzplätze pro Bus.
Dabei sehen wir eine 1-2 Konfiguration mit drei Plätzen im Unterdeck und 18 im Oberdeck.
Das Unterdeck bietet zudem noch ein geräumiges Bad, eine Umkleidekabine und eine Snackbar. Was letztere zu bieten hat ist zum Zeitpunkt des Blogeintrags nicht bekannt, wird aber ggfs. aktualisiert.
Der Twiliner Sitz
Das wohl spannendste ist der Sitz. Wenn man die aktuellen Renderings korrekt deutet, dürfen wir uns, wie bereits erwähnt, auf ein Flatbed freuen. Dazu einen klappbaren Tisch, evtl. eine Trennwand für mehr Privatsphäre,…
…eine Fußablage sowie ein Staufach. Unklar ist, ob es eine Art Entertainment-System geben wird oder „nur“ WLAN. Die Entwürfe machen auf jeden Fall Lust auf nächtliche Busfahrten, oder?
Die Kosten für ein Twiliner Ticket
Angestrebt ist ein Ticketpreis, der sich am Nachtzug orientiert. Zusammen mit der SBB hat man Marktanalyen durchgeführt und einen ungefähren Ticketpreis von 200 Franken (je nach Kurs etwa 203 €) für möglich erachtet.
Ein durchaus guter Preis, wenn man mal beachtet, was ein Schlafwagenplatz mit ähnlichem Komfort kosten kann.
Ein Frühstück wird im Ticketpreis enthalten sein. Wie das Gastro-Konzept aussieht ist zu diesem Zeitpunkt nicht klar. Fraglich bleibt, wie das Frühstück serviert wird, bzw. wie der gastronomische Service während der Fahrt aussieht. Denkbar ist, dass dafür ein zweiter Busfahrer eingespannt wird.
Konkurrenz belebt das Geschäft!
Seien wir ehrlich. Möchte man in Europa über Nacht reisen, hat man genau zwei Möglichkeiten. Entweder man setzt sich in einen grünen Bus oder man setzt auf staatliche Nachtzüge. Andere Anbieter gibt es kaum auf dem Markt. Somit können Bus- und Nachtzüge die Preise bestimmen, was teilweise bei der ÖBB zu absurd hohen Preisen, schon fast Amtrak-Niveau, führt.
Aber jetzt kommt hoffentlich die ersehnte Belebung des Marktes. Wird Twiliner eine ernstzunehmende Alternative zum Nachtzug?
Ganz spannend wird es zum Fahrplanwechsel 2024/25. Denn genau dann möchte die ÖBB den ersten Nightjet von Zürich nach Barcelona schicken.
Die Twiliner Strecken
Die Twiliner Strecken bzw. die Pläne sind sehr ambitioniert, das kann man nicht anders sagen. Anfang 2024 wird es einen Nachtbus von Zürich nach Barcelona geben. Interessanterweise genau die Verbindung, die laut EU ab Dez. 2024 von einem Nachtzug bedient werden soll. Zufall? Wahrscheinlich!
Doch die Expansion soll schnell voranschreiten, wie die Timeline zeigt:
Bereits Ende 2024 möchte man drei weitere Strecken anbieten, Ende 2025 sind es schon 12 bis wir 2026 hoffentlich 25 tägliche Linien sehen werden.
Die erste Strecke Anfang 2024 wird:
Zürich – Genf – Barcelona mit späteren möglichen Verlängerungen nach Malaga oder Madrid wenn ich das Streckennetz korrekt deute.
In den Folgejahren könnte das Liniennetz wachsen auf folgende Routen.
- Zürich – Lugano – Mailand – Rom – Neapel
- Zürich – Bern – Nizza – Cannes – Marseille
- Zürich – Genf – Bordeaux – St. Sebastian
- Zürich – London
- Genf – London
- Genf – Bern – Basel – Brüssel
- Genf – Florenz – Rom
- Berlin – Brüssel (direkte Konkurrenz zum European Sleeper)
- Berlin – Frankfurt – Düsseldorf
- Berlin – Paris – Barcelona
- Berlin – München
- Frankfurt – London
- Paris – Venedig
- Marseille – Nizza – Mailand – Venedig
- London – Edinburgh – Glasgow
- Amsterdam – Den Haag – Rotterdam – London
- Kopenhagen – Malmö ?
- Malmö – ?
Doch dies sind nur Linienvorschläge aus einer Präsentation. Generell gilt dies mit Vorsicht zu genießen. Streckenverläufe können und werden sich wahrscheinlich noch ändern bis zum ersten rollenden Bus.
Fazit und Gedanken zum Twiliner
Ich persönlich freue mich sehr auf den neuen Service! Ein echter Nachtreisebus hat uns in Europa bislang gefehlt. Toll, dass sich das Züricher Startup an das große „Regelwerk-Biest“ herantraut. Hoffentlich werden sich dadurch noch mehr Linien ergeben.
Wer nichts verpassen will, sollte ab und an mal in den Twiliner-Blog schauen!